Donnerstag, 8. November 2012

Reiskorn

Es war ein mal ein Feuervogel.
Der lebte viele Leben, die er verbrannte und aus dessen Feuers Asche wieder erstand.

Es war ein mal ein junger Mann, der es schaffte, diesen Vogel zu finden, ohne an ihn geglaubt zu haben.
Es war ein mal ein junger Mann, der es schaffte, diesen Vogel zu bändigen, ohne ihn je gefangen zu haben.
Es war ein mal ein junger Mann, der es schaffte, diesen Vogel zu töten, ohne ihn geschossen zu haben.

So lag da ein Grab. Aus Asche und Eis. Und wartete.
Auf ein neues Feuer. Auf ein neues Leben.

Die Zeit verging.
Die Sonne ging auf und unter. Der Mond nahm ab und zu. Die Sterne wanderten über das Firmament.
Die Asche verwehte, wurde vom Regen mit Erde vermischt. Von Sonne getrocknet und gebacken.
Zu Stein.

Da fiel ein Reiskorn auf das Grab. Es wurde vom Regen abgespült, von Sonne getrocknet.
Doch in einem trockenen Spalt fand es leichten Halt.
Dort sammelte es Wasser des Regens, Licht der Sonne und quoll langsam in der Wärme der versteinerten Asche.
Mit jedem Regen, der fiel, und sich die Erde in des Reiskorns Spalt etwas löste, trieb es immer wieder ein Wurzenhärchen tiefer, und ein weiteres, um mehr Halt zu finden, um mehr Nahrung zu finden, mehr Wärme zu bekommen.

Ein weiterer Sommer ging über das Grab, doch das Reiskorn hatte schon einen guten Halt gefasst und war im Regen der letzten Herbsttage aufgegangen.
Ein kleines Pflänzchen erblickte einen kalten Regentag.
Zwischen den Regentagen, streckte sich das Pflänzchen der Sonne entgegen. Während es an Regentagen immer weiter die kleinen Würzelchen tiefer trieb.

Der erste Schnee fiel auf das Grab. Das Reisplfänzchen zitterte im frostigen Wind.

Doch eines kalten und windigen Abends griffen die Würzelchen so tief ins Grab des Feuervogels, dass es aufbrach.
Wärme und Licht quollen aus dem tiefen  Bruch. Das Reispflänzchen erhob sich, der Schnee schmolz von seinen Blättern.
Aus der rötlichen Tiefe blickte ein kleines schwarzes Auge und ein feuerroter Schnabel. Der Vogelkopf drehte sich vorsichtig. Blickte in alle Richtungen.
Der Feuervogel entstieg langsam seinem Grab, das seine Geburtsstätte war und erblickte die kleine Reispflanze, der der Vogel eigentlich seine Widergeburt zu verdanken hatte. Der Phönix strich sein Köpfchen an der kleine Rispe mit den viele Ährchen und wärmte die Pflanze.

So blieb der Phönix bis zum Frühling bei der Pflanze. Wärmte sie, ließ ihr geschmolzenen Schnee zufließen.
Bis im Frühling die Reispflanze auszreifen begann.
Der Phönix ließ aber eine Feuerfeder im Grab und bedeckte sie mit seiner alten Asche.

So fielen Korn für Korn auf das einstige Grab des Feuervogels. Und so verschwand dieses im laufe der nächsten Sternenwanderung  in einer kleinen grünen Wolke von Reisplfanzen.
Getränkt von Regen und gewärmt von der Sonne.

Doch auch im Winter blieb dieses kleine Feld grün, denn die Feder unter dem einstigen Grab wärmte jede Pflanze die neu herauswuchs.

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